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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.09.2000
Aktenzeichen: 27 U 17/00
Rechtsgebiete: KO, ZPO
Vorschriften:
KO § 30 | |
KO § 30 Ziffer 1. | |
KO § 37 | |
KO § 30 Ziffer 1., 2. Hs. | |
KO § 41 | |
KO § 103 | |
ZPO § 546 Abs. 1 | |
ZPO § 91 | |
ZPO § 708 Nr. 10 |
Soweit es für die Konkursanfechtung aus § 30 KO auf den Antrag der Eröffnung des Konkursverfahrens ankommt, ist Tatbestandsvoraussetzung der Anfechtung, dass der Konkurs auf Grund dieses Antrages - im Falle mehrerer Anträge: dieser - eröffnet worden ist.
Ein für erledigt erklärter Antrag ist unmaßgeblich, auch wenn auf Grund späterer (neuer) Anträge der Konkurs tatsächlich eröffnet worden ist.
OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
27 U 17/00 OLG Hamm 8 O 538/98 LG Dortmund
Verkündet am 7. September 2000
Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts
In dem Rechtsstreit
hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 7. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht und
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19. November 1999 verkündete Urteil des Landgerichts Dortmund abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Urteilsbeschwer für den Kläger übersteigt 60.000,00 DM nicht.
Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem am 12.8.1998 eröffneten Konkurs über das Vermögen der GmbH in D. Er begehrt von dem Beklagten im Wege der Konkursanfechtung Rückzahlung von 28.000,00 DM, die dieser am 22.1.1998 von der Gemeinschuldnerin zur Befriedigung einer seit Anfang 1997 titulierten Forderung erhalten hatte.
Der Beklagte, der bereits am 5.2.97 die Mobiliarvollstreckung wegen seiner Forderung vergeblich versucht hatte, stellte am 21.10.1997 gegen die Gemeinschuldnerin Konkursantrag, um sie zu einem Ausgleich seiner Forderung zu veranlassen. Daraufhin ordnete das Amtsgericht am 16.1.98 die Sequestration an, die es am 2.2.98 wieder aufhob, nachdem der Beklagte die Zahlung vom 22.1.98 geleistet hatte. Der dem Sequester gleichzeitig erteilte Gutachtenauftrag blieb mit der Begründung bestehen, von der Forderung des Beklagten sei unter Berücksichtigung zwischenzeitlich aufgelaufener Zinsen noch ein Teilbetrag von rd. 1.000,00 DM offen. Am 11.2.98 stellte die Stadtsparkasse Dortmund Konkursantrag und am 21.4.98 erneut der Beklagte wegen weiterer Forderungen.
Mit Schreiben vom 28.4.98 beantwortete der Beklagte eine Anfrage des Konkursgerichts vom 28.1.98 nach der Erledigung des Konkursantrags vom 21.10.97 dahin, dieser Antrag solle für in der Hauptsache erledigt erklärt werden, der Antrag vom 21.4.98 bleibe jedoch bestehen.
Der Kläger hat, nachdem er die Konkursanfechtung zunächst auf Kenntnis des Beklagten von der Zahlungseinstellung der Gemeinschuldnerin gestützt hatte, schließlich geltend gemacht, die Befriedigung des Beklagten sei nach dessen eigenen, ihm daher bekannten Konkursantrag vom 21.10.1997, mithin ebenfalls gemäß § 30 Ziffer 1. KO anfechtbar erfolgt.
Dem ist das Landgericht gefolgt und hat der auf Zahlung von 28.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 10.11.1998 gerichteten Klage aus §§ 37, 30 Ziffer 1., 2. Hs. KO stattgegeben. Dabei hat es für gleichgültig angesehen, ob der Konkurseröffnungsbeschluss vom 12.8.1998 (auch) auf den Antrag vom 21.10.1997 hin ergangen ist. Bei mehreren - gleichzeitig oder nacheinander - gestellten Konkursanträgen genüge die Kenntnis eines davon, solange dieser Antrag nicht vor der Konkurseröffnung zurückgenommen oder zurückgewiesen ist. Dies sei bei dem Antrag des Beklagten vom 21.10.1997 nicht der Fall gewesen, da er lediglich für erledigt erklärt worden sei, wobei sich die Hauptsache wegen der nicht restlosen Befriedigung der Forderung noch nicht einmal vollständig erledigt gehabt habe. Selbst wenn in der Erledigungserklärung eine konkludente Rücknahme des Antrags läge, sei es dem Beklagten bei Beachtung des Gesetzeszwecks von § 30 Ziffer 1. KO und nach Treu und Glauben verwehrt, sich darauf zu berufen. Er habe damit nämlich gleichzeitig erklärt, dass das Konkursverfahren nicht etwa beendet werden, sondern aufgrund des ausdrücklich aufrechterhaltenen Konkursantrags vom 21.4.1998 auch von seiner Seite aus fortgesetzt werden solle.
Mit der Berufung begehrt der Beklagte weiterhin Klageabweisung.
Er verficht eine Gleichstellung seiner Erledigungserklärung bezüglich des Konkursantrags vom 21.10.97 mit einer Rücknahme, weil sie ebenso wie letztere für das Konkursgericht den durch diesen Antrag begründeten Anlass zu einem Vorgehen in Richtung auf die Konkurseröffnung habe entfallen lassen. Der Konkursantrag vom 21.10.97 sei daher für den Konkursrichter in keiner Weise auch nur mitbestimmend für die Verfahrenseröffnung am 12.8.98 gewesen.
Die Hilfsbegründung des Landgerichts sei nicht nachvollziehbar, denn es könne nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, dass der Beklagte der ausdrücklichen Anregung des Konkursgerichts folgend die Erledigungserklärung für einen Konkursantrag abgegeben und dabei nur eine sachliche Information zu seinem neuen Antrag gegeben habe.
Der Beklagte beantragt, abändernd die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt die Auffassung, § 30 KO müsse nach seinem Zweck und zur Vermeidung von Missbrauchsmöglichkeiten auch bei Kenntnis von einem nach der angefochtenen Handlung zurückgenommenen Konkursantrag anwendbar sein, jedenfalls aber bei einem nur für erledigt erklärten Antrag.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg, denn die erhobene Anfechtungsklage ist unbegründet. Die Zahlung vom 28.1.1998 an den Beklagten ist unter keinem Gesichtspunkt konkursrechtlich anfechtbar.
Zu Recht hat der Kläger die Konkursanfechtung wegen Kenntnis der Zahlungseinstellung fallen gelassen, da das Eingreifen von § 33 KO zu seinen Lasten hier unzweifelhaft ist.
Es besteht aber auch keine Anfechtbarkeit gemäß § 30 Ziffer 1. Hs. 2 KO. Zwar ist diese Anfechtung nicht gemäß § 41 KO verfristet, denn der Kläger hat die notwendigen Tatsachen, insbesondere die Antragstellung des Beklagten am 21.10.1997, wenngleich in anderem Zusammenhang bereits S. 4 der am 28.11.98 zugestellten Klageschrift vorgetragen (BGH NJW 1993, 3267).
Die angefochtene Befriedigung des Beklagten ist jedoch nicht "nach dem Antrage auf Eröffnung des Verfahrens" im Sinne von § 30 KO vorgenommen worden Insoweit ist seit RGZ 88, 237 einhellig anerkannt, dass Voraussetzung für die Wirkung eines Eröffnungsantrags i.S.d. § 30 KO ist, dass der Konkurs tatsächlich auf diesen Antrag hin eröffnet worden ist (vgl. z.B. Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl. Anm. 7) a) zu § 30 KO m.w.N.). Lediglich wenn bei Konkurseröffnung mehrere Eröffnungsanträge anhängig sind, ist es gleichgültig, auf welchen davon hin das Verfahren eröffnet wird. Demnach scheiden bereits zurückgenommene oder zurückgewiesene Anträge für § 30 KO aus; Karsten Schmidt a.a.O. Dasselbe muss für einen als erledigt erklärten Antrag gelten, denn auf diesen Antrag hin kann der Konkurs nicht mehr eröffnet werden. Der Antragsteller will die Eröffnung nicht mehr und hält das Verfahren allein dazu in Gang, eine - mit der Rücknahme verbundene - ihm ungünstige Kostenentscheidung zu vermeiden.
Die Frage der Zulässigkeit ein- oder beiderseitiger Erledigungserklärung bezügl. des Konkursantrags (vgl. dazu Kilger/Karsten Schmidt, 17. Aufl. Anm. 2) zu § 103 KO; Kuhn/Uhlenbruck, KO 10. Aufl. § 103 Rz. 3 f und g) ist dabei ohne Belang. In jedem Fall nimmt die Erledigungserklärung, die besagt, dass der Antragsteller seinen Eröffnungsantrag nicht weiterverfolgt, in gleicher Weise wie eine Antragsrücknahme jeglichen Anlass zu einem weiteren Tätigwerden des Konkursgerichts in dieser Richtung. Auch vorliegend lässt die Erledigungserklärung des Beklagten keinen Zweifel daran, dass der Antrag vom 21.10.1997 nicht weiterverfolgt werden sollte. Dass er ihn nicht zurücknahm, beruht ersichtlich auf der Anregung des Konkursgerichts, ihn für erledigt zu erklären.
Auch der Hilfsbegründung des Landgerichts ist nicht zu folgen. Sie will dem Beklagten die Kenntnis von dem - quasi zurückgenommenen - Konkursantrag deshalb weiter anlasten, weil er gleichzeitig mit dessen Erledigungserklärung seinen späteren, zumindest potenziell für die Konkurseröffnung wirksamen Antrag aufrecht erhalten hat. Sinn und Zweck des § 30 Ziffer 1. KO erfordern indes nicht, auf die Kenntnis des Anfechtungsgegners von einem Konkursantrag abzustellen, der für die Konkurseröffnung keinesfalls (mehr) ursächlich werden konnte. Allein die Kenntnis von dem Antrag, der auch zur Eröffnung führt, begründet das Verdikt des Verstosses gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger. Nur die bis zur Konkurseröffnung wirksam gebliebenen, d.h. weiterverfolgten Anträge schützen den Bestand der Konkursmasse gegenüber der Befriedigung einzelner Gläubiger. Diese werden deshalb bei Kenntnis von einem solchen, die Verfahrenseröffnung zumindest - unter Umständen neben weiteren Anträgen - ermöglichenden Antrag vom Gesetz nicht geschützt.
Der vom Beklagten aufrecht erhaltene Antrag vom 21.4.98 wurde jedoch erst nach der angefochtenen Zahlung gestellt. Die durch ihn begründete Schutzwirkung für die Gläubigergesamtheit kann nicht vorgezogen werden in einen Zeitraum, in dem nur letztlich - aus welchen Gründen auch immer - erfolglos gebliebene Konkursanträge anhängig waren.
Zu der vom Kläger angeregten Zulassung der Revision besteht keine Verablassung. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch weicht der Senat mit seinem Urteil von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab, § 546 Abs. 1 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Das Urteil ist gemäß §§ 708 Nr. 10 ZPO vorläufig vollstreckbar.
Ende der Entscheidung
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